Nach der Reha wieder zu Hause – Das Gefühl nicht zur Ruhe zu kommen

17. Dezember 2019 J P

Nach der Reha wieder zu Hause – Das Gefühl nicht zur Ruhe zu kommen

 

Kennst Du das: Du bist krankgeschrieben, kannst eigentlich ausschlafen. Aber sobald Du wach wirst, fängt der Kopf an zu arbeiten. Obwohl du körperlich noch völlig erschöpft bist, hast du das Gefühl, du musst dies oder jenes erledigen. Du musst jetzt aufstehen, sonst schaffst du nicht alles.

Ich fühle mich irgendwie immer gehetzt. Obwohl nur wenige Termine anstehen, hab ich immer das Gefühl ich schaffe es nicht zeitig und bin gestresst. Der Druck, alles so schnell wie möglich erledigen zu müssen, aus Angst neue Aufgaben kommen hinzu und die Aufgabenflut wird noch größer, verfolgt mich.

In der Reha war das anders. Da kam ich zur Ruhe. Ist aber auch klar. Ich muss mich dort um nichts kümmern. Bekomme meinen Therapieplan, Frühstück und Los geht’s. Um 9 hier, um 10 da, um 11 Gruppe um 12 Mittag. Nachmittags das gleiche Spiel bis zum Abendessen. Zwischenzeitlich Zeit zum lesen (wenn ich denn die innere Ruhe dazu finden konnte). Um alles andere wird sich gekümmert. Um mich herum nur Menschen, die mich verstehen. Die die gleichen Probleme haben. 5 Wochen lang Käseglocke über mir. Dann geht es zurück in die freie Wildbahn.

Zurück zu Hause

Wieder zu Hause angekommen holt mich die reale Welt schnell wieder ein. Der Kühlschrank ist leer. Erstmal einkaufen. Das essen macht jetzt auch niemand mehr für mich. Also kochen. Spülmaschine einräumen, Küche aufräumen.

Ein zufälliger Blick über Regale und Schränke verrät mir, der Staub war während meiner Abwesenheit trotzdem da. Putzen wäre eigentlich auch angesagt. Verschiebe ich aber zunächst, muss ja mal den Koffer auspacken und Wäsche ansetzen….

Der Müll bringt sich auch nicht von selbst runter. Meine Mom hat mich auch seit Wochen nicht gesehen und fordert ihr Recht. Wie auch alle anderen Menschen aus meinem nahen Umfeld.

Am nächsten Tag steht bereits der erste Arzttermin an, da die Krankmeldung ja weiter laufen muss. Der nächste Therapietermin ist auch nicht mehr weit. Bei beiden Terminen habe ich nur positives zu berichten. Bin ich doch gut erholt, zur Ruhe gekommen und motiviert, das in der Klinik erlernte umzusetzen. Das sieht kurze Zeit später schon wieder ganz anders aus….

Die Post hat sich bereits angehäuft und will bearbeitet werden. Das wiederum bereitet mir mit den meisten Stress. Permanent werde ich mit Fragbögen, Antragsformularen und Hinweisen bombardiert. Nicht mehr lange und das Krankengeld läuft aus. Die ständige Sorge darum, wie sich die (finanzielle) Zukunft entwickelt, macht mir zu schaffen. Ärzte, Therapeuten und auch das persönliche Umfeld machen mir (unbewusst) Druck. „Die Zeit läuft uns davon. Das Krankengeld läuft aus. Wie sieht es mit einer Wiedereingliederung aus?“.

Vorsorglich Antrag auf Erwerbsminderung

Panik und Ängste kommen wieder hoch. Obwohl noch 3-4 Monate Zeit sind und es keinen Grund zur Eile gibt, fühle ich mich gehetzt und unter Druck. Ich bin noch nicht soweit. Brauche noch Zeit. Finanziell gesehen, habe ich die aber nicht. Anstatt weiter an meiner Genesung zu arbeiten und die Strategien aus der Klinik in meinen Alltag einzubauen, steht Papierkrieg und die Sorge wie es weitergeht auf dem Programm.

Vorsorglich muss ein Erwerbsminderungsantrag gestellt werden, falls ich es nicht schaffe  meiner Arbeit nachgehen zu können, bevor das KG ausläuft. 13 Seiten Antrag, Selbstauskunftsbogen plus unendlich viele Kopien irgendwelcher Unterlagen. Zermürbend.

Termin beim Arbeitgeber

Gleichzeitig habe ich einen Termin beim Arbeitgeber vereinbart, um zu klären, wie und ob eine Wiedereingliederung aussehen kann. Schon auf dem Weg dorthin wurde der Kloß im Bauch immer größer. Während des Gesprächs befiel mich erneut Panik und ich wollte es so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Um es kurz zu machen. Offene Türen bin ich dort nicht eingerannt. Empfehlungen aus dem Entlassungsbericht der Klinik zur Gestaltung meines Arbeitsplatzes stießen auf wenig Gegenliebe und wurden als nicht machbar dargestellt. Ich hatte das Gefühl, die Chefs waren der Meinung, nach einem Reha Aufenthalt sei man wieder gesund und es geht weiter wie zuvor. Vollgas voraus.

Im Auto schossen dann die Tränen und ich war körperlich total fertig. Der Tag war gelaufen und die akute Depression war wieder da (wie es dazu kam, kannst Du hier nachlesen).

Sicherlich hätte ich die Möglichkeit über den Personalrat und den integrativen Dienst die erforderlichen Veränderungen durchzusetzen. Mein Besuch vor Ort hat mir jedoch gezeigt: Ich bin noch nicht soweit.

5 Wochen Reha innerhalb von Tagen wieder verpufft

So kommt es dann, dass 5 Wochen Reha innerhalb kürzester Zeit wieder verpuffen. Ich hatte das Gefühl, ein Termin jagd den nächsten. Alltagsaufgaben, Arzt- und Therapeutentermine, Papierkrieg mit Behörden, das auslaufende Krankengeld, mangelnde Unterstützung durch den Arbeitgeber…..

Wie soll man da zur Ruhe kommen? Wie schaffe ich es, mich in Ruhe mit mir und meiner Erkrankung auseinanderzusetzen, ohne permanent mit Existenzängsten, Behördengängen und Papierkram konfrontiert zu werden?

Ich habe das Gefühl mal alles für eine Zeit lang hinter mir lassen zu müssen und von allem weg zu kommen. Mal gespannt, ob mir das gelingt….

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