Das Krankengeld läuft aus! Und jetzt?

13. Februar 2020 J P

Das Krankengeld läuft aus! Und jetzt?

Zwischen Krankengeld, Nahtlosigkeitsregelung (ALG I) und Erwerbsminderungrente

Das Krankengeld läuft aus. Wie geht es jetzt weiter? Zwischen Krankengeld, Arbeitsagentur (Nahtlosigkeitsregelung) und Rente. Wichtige Hinweise und Tipps und wie ich es erlebt habe.

Gerade bei der Diagnose Depression zieht sich der Genesungsprozess häufig über viele Monate, wenn nicht sogar Jahre hin. So auch bei mir. Die 78 Wochen Krankengeld, inklusive der 6 Wochen Lohnfortzahlung, laufen aus. Aber wie geht es am Ende des Krankengeldes weiter?

Zwischen Krankengeld, Rente und Arbeitsagentur steht bei den meisten Betroffenen die Existenz auf dem Spiel. Diese Ungewissheit fördert, gerade bei psychischen Erkrankungen, nicht gerade den Genesungsprozess (ich benutze bewusst nicht das Wort Heilungsprozess).

 

Krankengeld läuft aus

Das Krankengeld wird in Deutschland für „normale“ Arbeitnehmer ab dem 43. Tag einer Erkrankung von der Krankenkasse gezahlt. Also nach den 6 Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Die KK überweist 70 % des Bruttoverdienstes, maximal 90 % des Netto. Wie sich das KK genau berechnet steht hier!

Einen Rechner um Dein KK zu berechnen findest Du hier!

Wenn nach 78 Wochen (1,5 Jahre) das Krankengeld ausläuft, zahlt die Krankenkasse nicht mehr. Da mit dem ersten Tag der Krankschreibung die sogenannte Blockfrist beginnt, muss man weitere 1,5 Jahre warten, um erneut Krankengeld für dieselbe Krankheit beziehen zu können! Leider ist es, im Besonderen bei psychischen Erkrankungen, häufig so, dass Rückfälle auftreten und man erneut am selben Leiden erkrankt.

Aufforderung zur Reha durch die Krankenkasse

Zunächst aber bekam ich nach fast einem Jahr Erkrankung die Aufforderung der Krankenkasse eine medizinische Rehabilitation zur Besserung und Wiederherstellung meiner Erwerbsfähigkeit zu beantragen. Den Antrag sollte ich innerhalb von 10 Wochen stellen. Sollte ich den (praktischerweise gleich mitgesandten) Antrag nicht innerhalb dieser Frist stellen, werde das Krankengeld eingestellt.

Nach Rücksprache mit Arzt und Therapeuten, die eine Reha ebenfalls für hilfreich hielten, stellte ich den Antrag und trat die 5-wöchige Reha auch einige Wochen später an. Die Reha verlief auch ganz gut und währenddessen ging es mir auch Zusehens besser. Wie es mir im Anschluss an die Reha wieder zu Hause erging, habe ich in diesem Artikel bereits geschildert.

Entlassungsbericht der Reha-Klinik

Im Entlassungsbericht diagnostizierte man mir „mittelfristig“ eine „günstige“ Prognose bei entsprechender Behandlung und einer Anpassung im beruflichen Bereich an meine gesundheitliche Situation. Trotzdem wurde im Entlassungsbericht angekreuzt, ich könne 6 Stunden und mehr meiner letzten sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen. Gleichzeitig wurden mir 5 unterschiedliche Diagnosen bescheinigt, die mir teilweise vorher nicht bekannt waren!

Dazu sollte erklärt werden, dass die Reha Einrichtung mich Arbeitsunfähig entlassen hat und nur bis maximal 8 Wochen in die Zukunft prognostizieren darf. Zusammengefasst: Du bist zwar schwer krank, wirst aber irgendwann wieder mehr als 6 Stunden arbeiten gehen können. Wir wissen nicht genau wann, in den nächsten Wochen aber auf jeden Fall noch nicht.

Aufforderung zur Meldung beim Arbeitsamt

Ungefähr 9 Wochen vor Ablauf des Krankengeldanspruchs forderte mich die KK dann schriftlich auf, mich unter Vorlage des Schreibens bei der Agentur für Arbeit zu melden und nach §145 SGB III Arbeitsförderungsleistung zu beantragen.

Aussteuerung – Arbeitsverhältnis besteht weiterhin

Das Auslaufen des Krankengeldanspruchs bezeichnet man auch als Aussteuerung. Um dann nicht in eine Versorgungslücke zu fallen, hat der Gesetzgeber die sogenannte „Nahtlosigkeitsregelung“ ins Leben gerufen. Ein Rettungsanker für chronisch kranke bzw. langzeiterkrankte Menschen.

Da auch in meinem Fall das Arbeitsverhältnis weiterhin besteht, ich jedoch nach Ablauf des Krankengeldes nicht arbeitsfähig bin, kann ich also bei der Agentur für Arbeit Förderung beantragen.

Dazu muss die Prognose bestehen, dass eine 6-monatige Minderung der Leistungsfähigkeit gegeben ist. Indiz für eine 6-monatige Minderung der Leistungsfähigkeit für die Zukunft kann die längere Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit sein, was entsprechend nachzuweisen ist (durch AU-Bescheinigungen). Weitere Bedingung für den Erhalt von ALG ist ein erfolgter Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Diesen habe ich bereits über die zuständige Stelle meiner Gemeinde gestellt.

Man sollte sich also frühzeitig, noch vor Auslaufen des KK, spätestens jedoch am ersten Arbeitstag nach Ablauf des KK-Bezuges, bei der Agentur für Arbeit Arbeitssuchend als auch Arbeitslos melden.

Arbeitslosengeld trotz bestehendem Arbeitsvertrag

Durch das Nahtlosigkeits-Arbeitslosengeld wird quasi fiktiv unterstellt, dass die Arbeitsfähigkeit gegeben ist. Eine Arbeitsvermittlung ruht allerdings in der Regel, bis über den Rentenantrag abschließend entschieden ist. Aber jetzt wird’s tricky!

Sind weiterhin AU-Bescheinigungen notwendig?

Eine AU-Bescheinigung (für die ausgesteuerte Krankheit) sollte unbedingt weiter geführt werden (für die Rentenversicherung) aber NICHT mehr bei der AfA eingereicht werden. Sonst könnte es passieren, dass man das ALG I nach 6 Wochen (ähnlich Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) wieder einstellt und von der KK kommt auch nichts mehr, da man ja bereits ausgesteuert ist für das Krankengeld.

Nachteil dabei ist natürlich, dass sich die Blockfrist (siehe oben) weiter nach hinten verschiebt. Sollte zwischenzeitlich die Arbeit wieder aufgenommen werden, hat man erst entsprechend später wieder Anspruch auf Krankengeld, sollte man einen Rückfall erleiden.

Erwerbsminderungsrente

Wie bereits oben erwähnt, hatte ich den Antrag auf Erwerbsminderungsrente (EMR) gestellt. Innerhalb kürzester Zeit (keine 14 Tage) kam die Ablehnung. Grund dafür war die oben bereits erwähnte Prognose im Entlassungsbericht der Reha Klinik (irgendwann 6 Stunden und mehr arbeitsfähig). Es wurde weder ein separates Gutachten erstellt, noch aktuelle Befunde meiner behandelnden Ärzte und Therapeuten angefordert.

Widerspruch über den VDK

Daraufhin habe ich über den Sozialverband VDK, der bereits erfolgreich Einspruch bei der Bewertung meiner Schwerbehinderung eingelegt hatte, einen Widerspruch eingelegt. Dier läuft aktuell immer noch und wird sich wohl auch noch einige Monate hinziehen.

Fazit

Grundsätzlich ist es mein Ziel in absehbarer Zeit wieder arbeiten zu gehen.Danch gefragt wurde ich bereits reichlich, wie in diesem Artikel erzählt!

Leider bin ich derzeit aufgrund meiner Depression (noch) nicht in der Lage dazu. Alles was ich benötige ist mehr Zeit, damit meine Therapien greifen und ich weiter genesen kann. Verhaltensweisen, die ich mir über mehrere Jahrzehnte „antrainiert“ habe und mit denen ich ja auch erfolgreich war, lassen sich nicht innerhalb einiger Monate „abtrainieren“ und ich bin wieder gesund. Da die EMR grundsätzlich ja eh nur befristet (meist 2 Jahre) bewilligt wird, erhoffe ich mir diese Zeit.

Leider behindert der ganze Behördenkram die bei einer Depression so wichtige Ruhe, die man zum genesen benötigt. Es ist (für mich) extrem kräftezehrend und ermüdend, sich permanent mit Fragebögen, Antragsformularen, Beschaffung von Nachweisen, Widersprüchen und Einlesen in Rechte- und Pflichten zu beschäftigen. Leider geht es ohne nicht. Glücklicherweise habe ich kompetente Mitmenschen, die mich dabei unterstützen. Alleine wäre es nicht machbar.

Zusammenfassung

  • 6 Wochen Entgeltfortzahlung
  • 72 Wochen Krankengeldanspruch
  • 12 Monate (ab dem 50. Lj. 24 Monate) Anspruch auf ALG I (unter gewissen Voraussetzungen)
  • Erwerbsminderungsrente (oder Teilrente), Sozialhilfe oder Rückkehr ins Arbeitsleben

 

Die oben beschriebene Konstellation bezieht sich auf meinen Fall und beinhaltet meine Erfahrungen und Wissenstand. Dies wird nicht auf jeden zutreffen und es gibt keine Gewährleistung auf Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben. Im Zweifel nimm Dir immer einen rechtlichen Beistand und lasse Dich dort beraten.

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Comments (2)

  1. Ralph Klamerek

    mijn kranengeld lauft aus Uber 5 Wochen ich bin in der Reha gewesen und weiter Arbeitsunfahig befunden ich habe 35 Jahr in Deutschland gearbeitet .ich bin Niederlander und Wohne in Niederlande ich habe aber immer in Deutschland Gearbeitet und bekomme jets Krankengeld aus Deutschland. Was mus ich jets machen ,mus ich mich bei der Arbeitsargentur melden.

    • web24287553

      Hallo Ralph,
      ich berichte hier aus meiner Erfahrung. Ich würde in deinem speziellen Fall mal bei der Agentur für Arbeit nachfragen, ob Du in die Nahtlosigkeitsregelung fällst. Weiß nicht, wie das ist, wenn man im Ausland lebt. Voraussetzung ist sowieso, dass Du einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellst. Alle Angaben ohne Gewähr.
      Gute Besserung.

      Lg Jörg

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